Giacomo Puccini „Messa di Gloria“, Francis Poulenc „Gloria“

Giacomo Puccini „Messa di Gloria“, Francis Poulenc „Gloria“

Aufführung

Sonntag, 21. Juni, 2009 18 Uhr
Mutterhauskirche Kaiserswerth

Francis Poulenc „Gloria“
Giacomo Puccini: „Messa di Gloria“

Thematik

Das Geistliche im Weltlichen

Eine facettenreiche religiöse Musik eigener Prägung, mit pathetischen, aber auch mit raffinierten antiromantischen Momenten, verdankt die Musikwelt dem französischen Komponisten Francis Poulenc (1899- 1963). Sein „Gloria“ für Chor, Solosopran und großes Orchester ist in diesem Kontext – zu dem auch ein Musiktheaterwerk gehört – eines von Poulencs wichtigsten Werken. Es enthält volkstümlich anmutige, teilweise geradezu kühn gesetzte Melodien mit ungewöhnlichen Rhythmen, aber daneben auch ruhige und melancholische Passagen. Gegensätze durchziehen diese Komposition an vielen Stellen: Heiterkeit steht in unmittelbarer Nähe von Ernst, Lautes neben Leisem. Ergebnis ist eine Musik, die den Hörer sofort „anspringt“, ja ihm Freude spendet, da sie die gegensätzlichen Facetten des Lebens in verständlicher Sprache ausdrückt. Der Text des „Gloria“ aus der lateinischen Messe eignet sich hierfür besonders gut, da er auf engem Raum die aus der Weihnachtsbotschaft bekannte freudige Engelsbotschaft „Gloria in excelsis Deo“ mit dem fröhlichen Lobpreis und der innigen Bitte um Erbarmen verbindet. In Poulencs Komposition nimmt diese Bitte einen besonderen Raum ein, indem das Miserere nobis als ergreifender Ruf noch vor dem letzten Amen wiederholt wird.

Manche jener faszinierend auskomponierten Emotionen, die Puccinis „Messa di Gloria“ auszeichnet, erwartet man vielleicht eher in der Oper als in einer Messe. Doch ähnlich wie bei Puccinis großem Vorgänger Giuseppe Verdi ist auch bei Puccini große Leidenschaftlichkeit nicht allein dem Musiktheater vorbehalten, sondern auch bei glaubensstarker kirchlicher Musik anzutreffen. Der Bezug zur Kirche hat im Falle von Giacomo Puccini (1858-1924) auch mit der Biografie des Komponisten zu tun: Puccini stammte aus einer angesehenen Musikerfamilie, die seit mehreren Generationen die Organisten und Maestri am Dom der italienischen Stadt Lucca stellte. Eine Laufbahn als Kirchenmusiker schien zunächst sogar selbstverständlich für Puccini zu sein. Schon im Alter von 14 Jahren war er ein versierter Organist. Und im Jahre 1878 errang er mit dem Credo, der Keimzelle der „Messa di Gloria“, seinen ersten Erfolg als Komponist. Dennoch zog es ihn nach dem Erlebnis von Verdis „Aida“ magisch zum Bereich der Oper hin. Und so blieb die „Messa di Gloria“, 1880 in Lucca uraufgeführt, Puccinis einziges geistliches Werk von Bedeutung. Schon das Orchestervorspiel des Kyrie sowie die lyrischen Chorpartien lassen in diesem Werk den suggestiven Melodiker erkennen. Im Gloria werden opernhafte Elemente ganz offenkundig: Der liturgische Text wird bildhaft „in Szene gesetzt“, beginnend mit dem volkstümlich jubelnden „Gloria in excelsis“ der Chorstimmen, endend mit einer breit angelegten Schlussfuge, in die am Schluss das „Gloria“- Thema kunstvoll hineintönt. Dies ist nicht nur ein Beweis satztechnischer Meisterschaft, sondern geradezu ein Akt-Finale von umwerfender Wirkung. Das Credo stellt machtvolle Chor-Unisoni und homophone Chorsätze lyrisch zarten innigen Partien gegenüber. Die Messe endet mit einem von tänzerischer Eleganz geprägten, fast schwerelos schwebend erscheinenden Agnus Dei. Gerade dieser Schlusssatz des Werkes gibt einen Anhaltspunkt für die für Puccini selbstverständliche Verknüpfbarkeit geistlicher und weltlicher Bereiche, fand doch dieser Satz später Eingang in die berühmte Oper „Manon Lescaut“.

Unser heutiges Konzert ist ein Teil des diesjährigen Gesamtprojektes „Das Geistliche im Weltlichen“. Dieses Projekt deutet auf den Perspektivenreichtum der kirchenmusikalischen Arbeit unserer Gemeinde. Hierzu gehört die bewusste Entscheidung, außer den bekannten Werken der Oratorientradition auch Raritäten sowie bedeutende geistliche Werke der Moderne zu präsentieren, gleichzeitig aber auch im Bereich des Musicals oder der populären Musik nach kreativen Wegen und Weitungen zu suchen – und dabei nach Verknüpfungsmöglichkeiten mit dem klassischen Repertoire. Selbstverständlich ist es eines der Ziele unserer Arbeit, eine bewusste Wahrnehmung der geistigen Potentiale aller aufgeführten Musikwerke zu ermöglichen – und dabei sowohl die trennenden wie auch die verbindenden Momente zwischen ihnen auszuloten. Alle Teilprojekte, die unter dem bewusst doppeldeutigen Reihentitel „Das Geistliche im Weltlichen“ stehen, oszillieren zwischen beiden Polen, enthalten aber zugleich auch wesentliche Konstellationen, in denen Weltliches und Geistliches unauflöslich miteinander verschränkt wird. War es im ersten Projekt (der Aufführung von „Dark Side Of The Moon“ im März 2009) die montageartige Kombination einer auf die heutige Lebenswelt bezogenen Rockmusik mit Bachschen Chorälen, so gelangen im Projekt „Puccini-Poulenc“ zwei thematisch eng verwandte Werke zur Aufführung, die jeweils die Sphäre des Kirchlichen durch explizit weltliche Momente zu reflektieren und zugleich künstlerisch anzureichern suchen. In einem dritten Schritt des Projekts, einem Kindermusical (Aufführung im kommenden September) wird dann eine auch für Kinder verständliche Klangsprache präsentiert, die geistliche und weltliche Traditionen in großer Selbstverständlichkeit miteinander verknüpft.

 

Ausführende

Sabine Schneider, Sopran
Boris Pohlmann, Tenor
Alexander Schmidt, Bariton
Die Kantorei Kaiserswerth
Kaiserswerther Camerata Instrumentale
(Martin Schäfer, Konzertmeister)

Leitung: Susanne Hiekel

 

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Ein Überlebender aus Warschau und Brahms Requiem

Ein Überlebender aus Warschau und Brahms Requiem

Aufführung

Sonntag, 19. November 2006, 17 Uhr
St. Suitbertus Basilika Kaiserswerth

Johannes Brahms

EIN DEUTSCHES REQUIEM

Opus 45 nach Worten der Heiligen Schrift
für Sopran, Bariton, 
Chor und Orchester

Arnold Schönberg

A SURVIVOR FROM WARSAW
(Ein Überlebender aus Warschau) opus 46

für Erzähler, Männerchor und Orchester

Thematik

Innerhalb der Tradition der großen Requiem-Kompositionen nimmt das Deutsche Requiem von Johanns Brahms einen besonderen Platz ein, da es statt einer liturgischen Totenmesse eine Kantate zum Trost für die Leidtragenden ist. Es erinnert an Vergänglichkeit und menschliches Leid, setzt aber aller Traurigkeit auch Trost, Hoffnung und sogar Zuversicht entgegen. Der Titel „Ein deutsches Requiem“ weist zunächst auf die deutsche Sprache hin (der Text im traditionellen Requiem ist lateinisch). Zugleich deutet er darauf, dass das Werk an kein Dogma und keine Konfession gebunden ist, sondern als Trost für alle Menschen zu verstehen sei. Brahms selbst schrieb in einem Brief an J. Reinthaler: „…ich will bekennen, dass ich recht gern auch das ,Deutsch‘ fortließe und einfach den ,Menschen‘ setzte“.

In unserer heutigen Aufführung wird zwischen den Sätzen IV und V des Requiems von Brahms ein berühmtes anderes Werk eingeschoben: Arnold Schönbergs unvergleichliche Komposition „Ein Überlebender aus Warschau“ aus dem Jahre 1947. Dies geschieht in der Überzeugung, dass sich dadurch in erhellender Weise sowohl Korrespondenzen wie auch Kontrastwirkungen zwischen beiden Werken ergeben. Eine solche Verknüpfung könnte dazu verhelfen, jenseits des routinierten Umgangs mit einem Klassiker der Chorliteratur im Werk von Brahms ganz neue Impulse oder Qualitäten zu entdecken. Es ist überdies auch darauf zu beziehen, dass auch bei der Uraufführung des „Deutschen Requiems“ 1868 im Bremer Dom andere Kompositionen an dieser Stelle eingeschoben wurden.

Arnold Schönberg, der ein großer Verehrer der Musik von Johannes Brahms war und als einer der ersten die zukunftsweisenden Potentiale in ihr entdeckte, schuf ein hochexpressives, die Grausamkeiten des Nationalsozialismus nicht beschönigendes Werk, in welchem er beschreibt, wie die Bewohner des Warschauer Ghettos zusammengetrieben werden und gemeinsam das fast vergessene jüdische Glaubensbekenntnis  „Sch‘ma jisrael“ („Höre, Israel, der Ewige, unser Gott, ist ein einiges, ewiges Wesen…“) anstimmen. „Ein Überlebender aus Warschau“ ist eine kurze, aber intensive Kantate für großes Orchester, einstimmigen Männerchor und Sprecher.

Arnold Schönberg, der ein großer Verehrer der Musik von Johannes Brahms war und als einer der ersten die zukunftsweisenden Potentiale in ihr entdeckte, schuf ein hochexpressives, die Grausamkeiten des Nationalsozialismus nicht beschönigendes Werk, in welchem er beschreibt, wie die Bewohner des Warschauer Ghettos zusammengetrieben werden und gemeinsam das fast vergessene jüdische Glaubensbekenntnis  „Sch‘ma jisrael“ („Höre, Israel, der Ewige, unser Gott, ist ein einiges, ewiges Wesen…“) anstimmen. „Ein Überlebender aus Warschau“ ist eine kurze, aber intensive Kantate für großes Orchester, einstimmigen Männerchor und Sprecher.

Schönberg beschreibt darin das für die Organisation des NS-Terrors typische Szenario einer Appellselektion zur Bestandskontrolle und Ausmusterung zum Tode verurteilter Inhaftierter und greift dabei auf  Schemata des NS-Lageralltags zurück. Zu den Kernaspekten der Komposition, die auch in ihrer musikalischen Struktur reflektiert werden, gehört die Frage der Unentrinnbarkeit. Zugleich spielt die Arbeit mit verschiedenen Motiven der Angst und der Bedrohung eine Rolle. Zur Intensivierung trägt überdies die Tatsache bei, dass Schönberg  zwischen englischer, deutscher und hebräischer Sprache wechselt, das Deutsche für die Sprache der damaligen Terror-Herrschaft reservierend. 

Das Werk nimmt zwar konkret Bezug auf das Warschauer Ghetto und unterstreicht das Unvergleichliche des NS-Vernichtungsterrors, gehört aber zugleich zu jenen Kunstwerken, die eine Offenheit für die erschütternde Momente der Geschichte zu erzeugen vermögen. Es zählt zu den wegweisenden und eindringlichsten Kompositionen des 20. Jahrhunderts. Durch das Anstimmen des  jüdischen Gebets „Sch’ma  jisrael“ in einer existenziell höchst bedrohlichen Situation der Übermacht des Terrors setzt Schönberg dem Erlebnis des Schreckens am Ende des Stückes einen Lebensentwurf  auf höherer Stufe entgegen, aus dem sich die Identität des Einzelnen begreift.

Ausführende

Eva Budde, Sopran
Sebastian Klein, Bariton und Sprecher

Der Chor der Stadtkirche Kaiserswerth

Die Heidelberger Studentenkantorei der Heiliggeistkirche
(Einstudierung: Christoph A. Schaefer)

Camerata Instrumentale Kaiserswerth

Leitung: Susanne Hiekel

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Kaiserpfalz Open Air

Kaiserpfalz Open Air

Konzertveranstaltung

Das Jugendkonzert im Düsseldorfer Norden

Seit der Kaiserswerther 1300-Jahr-Feier im Jahr 1998 finden regelmäßig Konzertveranstaltungen in der Kaiserpfalz im zweijährigen Turnus statt.

Thematik

Es ist mein Herzenswunsch, nicht nur Kirchenmusikerin, sondern auch Musikerin für die Stadt zu sein. Dies äußert sich in Aktivitäten, die über den Rahmen der kirchlichen Gemeinde deutlich hinausgreifen und die die enge Zusammenarbeit und Vernetzung mit der Bürgerschaft und anderen Institutionen fördert. 1998 rief ich anlässlich eines Kaiserswerth-Jubiläums in Zusammenarbeit mit der damaligen Bezirksvertretung 05 das „Kaiserpfalz Openair“ – ein Konzert für junge Nachwuchsmusiker in der Burgruine Kaiserswerth ins Leben, das ich seitdem in Zusammenarbeit mit dem Jugendleiter Stefan Irle als künstlerische und organisatorische Leitung alle zwei Jahre auf die Beine stelle.

Auf diesem Musikfestival des Düsseldorfer Norden wird ein buntes Musik- und Showprogramm präsentiert, bei dem junge Sänger, Tänzer und Musiker auftreten. Inhaltlich vielseitig reicht der Bogen vom Musical über Dance Performances, Orchester, Big Band, Percussiongruppe bis zur kernigen Rockband. 

Website

https://www.kaiserpfalz-open-air.de

Pressestimmen

RP-Düsseldorf 17. September 2018

Musik für Rose Ausländer

Musik für Rose Ausländer

Aufführung

Samstag, 8. Mai, 18 Uhr Mutterhauskirche Kaiserswerth

Werke von
Oskar Gottlieb Blarr und Camille van Lunen

Thematik

Die Kaiserswerther Konzertreihe zum Gedenkjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ wurde am 8. Mai mit einem Kammerkonzert „Musik für Rose Ausländer“ eröffnet, das vor allem dem Gedenken an die lange in Düsseldorf lebende Dichterin Rose Ausländer (1901-1988) gewidmet war, deren Geburtstag nun 120 Jahre zurück liegt. Der Holocaust und seine dichterische und kompositorische Benennung und Verarbeitung war ein Hauptakzent dieses Konzertes mit Kompositionen von Oskar Gottlieb Blarr, Camille van Lunen u.a.. Außer durch die Vertonungen von Gedichten von Rose Ausländer wurden die Erfahrung von Leid und Verfolgung und das Weiterleben mit dieser Hypothek sowie das Suchen nach neuen Perspektiven auch durch Vertonungen weiterer jüdischer Dichterinnen fortgesetzt, u.a. von Hilde Domin, Dagmar Nick und Gertrud Kolmar. 

Ein zentrales Werk des Konzerts war Oskar Gottlieb Blarrs (*1934)Komposition für Bariton und Orgelpositiv Threnos III, das das Gedicht „Biographische Notiz“ von Rose Ausländer mit Versen aus den Klageliedern des Jeremia verbindet und auf diese Weise den Bogen der Verfolgung und des Exils bis in die biblische Zeit spannt. Die aus Czernowitz in der heutigen Ukraine stammende Dichterin offenbart in ihrer Dichtung nach den Erfahrungen ungeheuer vieler erzwungener Ortswechsel und wiederholter Verfolgung und Ausgrenzung ein Stück ihres Lebens. Die letzten Jahre 23 Jahre ihres Lebens verbrachte Rose Ausländer in Düsseldorf, zuletzt im „Nelly-Sachs“-Altersheim der jüdischen Gemeinde am Nordpark, in direkter Nachbarschaft zu Kirchengemeinde Kaiserswerth. Neben weiteren Vertonungen von Gedichten Ausländers, u.a. „Heinrich Heine“ und „In Memoriam Paul Celan“ von Oskar Gottlieb Blarr für Alt, Harfe und Orgelpositiv stand der Zyklus „Aus Liebe und luftigem Traum“ auf dem Programm, eine Komposition von sieben Liedern auf Gedichte jüdischer Dichterinnen von Camille van Lunen (*1957) für Sopran, Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier, die gewissermaßen den Blick nach vorne, die visionäre Perspektiven nach dem Abgrund eröffnete. 

In diesem ersten Konzert der mehrteiligen Konzertreihe lag der Akzent auf dem Erinnern, Bedenken, Verstehen. Wenn man jedoch den letzten Satz aus dem Gedicht „Biographische Notiz“ Rose Ausländers „ich wohne nicht, ich lebe“ näher betrachtet, wird die Herausforderung spürbar, die für uns auch heute noch in der Aussage liegt; eine Herausforderung für den Einzelnen und für die Gesellschaft, die das Entwickeln von Perspektiven erfordert.

 

Ausführende:

Andrea Graff, Sopran,
Franziska Buchner, Alt
Joel Urch, Bariton
Konstanze Jarczyk, Harfe
Aki Komiyama, Violine
Mitsuru Morita-Uno, Violoncello
Frederike Möller, Flügel
Christof Hilger, Klarinette
Stefan Oechsle, Flöten
Angelique van Duurling, Flöte
Nadja Frey, Flöte
Christiane Oxenfort, Bass-Flöte
Susanne Hiekel, Orgel und Leitung

Pfarrer Jonas Marquardt, Moderation

Technik, Livestream und Video:
Alexander Hertel
Regieassistenz: Stefan Irle
Ton: Amadeus Hertel

Gesamtleitung: Susanne Hiekel

 

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Programm Rose

Website

https://stolperkonzerte.de/event/musik-fuer-rose-auslaender/

One God – Sacred Bridges

One God – Sacred Bridges

Aufführung

Sonntag, 12. Juni, 18:00 Uhr, Kaiserpfalz Kaiserswerth
Musik vom Mittelalter bis zur Moderne aus jüdischer, christlicher und islamischer Tradition für Chor, Soli und Instrumentalensemble

Thematik

Dieses Konzert weckt mit Elementen aus der jüdischen, christlichen und islamischen Klangwelt vom Mittelalter bis in die Gegenwart Aufmerksamkeit für die gemeinsamen Wurzeln der drei monotheistischen Weltreligionen, die in prägnanten eigenen Tonsprachen ein verbindendes Thema erkennen lassen: Die geschichtlich – und darum auch musikalisch – in der Zeit verlaufende Kommunikation zwischen Mensch und Gott.

Das AVRAM Ensemble ist eine interkulturelle Formation virtuoser Musiker, die aus den Musikgenres Klassik, Jazz und Weltmusik stammen und ihr Zusammenspiel dem Thema des Friedens widmen. Der Name des Ensembles geht auf den Urvater dreier Weltreligionen Abraham zurück. AVRAM bildet musikalische Klangbrücken zwischen den Kulturen. Unter der künstlerischen Leitung der Sängerin Schirin Partowi entwickelt das Ensemble eine faszinierende Musik der Begegnung und Verschmelzung von jüdischer, christlicher und islamischer Tradition bis hin zu ganz neuen Klängen.

Manche im Kirchenkontext durchaus ungewohnte Klänge werden in diesem Konzert „One God – Sacred Bridges“ zu hören sein. Mit Hilfe türkischer und arabischer Instrumente und versierter Musikerinnen und Musiker werden wir uns in diesem Konzert nicht nur der jüdischen, sondern auch der islamischen Musik zuwenden. Dabei sollen auf musikalischen Wegen Möglichkeiten der Begegnung bis hin zur Verschmelzung kenntlich werden – als Sinnbilder eines von gegenseitigem Respekt getragenen Miteinanders.

Ein Schwerpunkt dieses Konzertes werden in Musik gesetzte Psalmen sein, die sich als Brücke zwischen Judentum, Christentum und Islam herauskristallisieren. Erklingen werden auch Vertonungen von Texten von Yunus Emre (ca. 1240- ca.1321), der als einer der ersten mystischen Volksdichter in der türkischen Tradition gilt und das Alevitentum (mit seinen Werten wie Nächstenliebe, Bescheidenheit, Geduld, Humanismus und Universalismus) maßgeblich beeinflusste. Zentraler Gegenstand seiner Gedichte ist die Philosophie des Sufismus. Auf dem Programm steht die Vertonung eines türkischen Ilahi (eines vertonten religiösen Gedichts), in dem Moses, Jakob, Hiob, Jesus und Mohammed als Propheten Gottes besungen und gepriesen werden. Außerdem wird die Kantorei einige hebräische Psalm-Motetten sowie die hebräische Kantate „Haschem s’charanu“ des jüdischen Komponisten Albert Kellermann (1863–1927) aufführen. Der in Bayern geborene Kellermann, einst Kapellmeister an der Neuen Deutschen Oper Berlin sowie Dirigent des Chores der Neuen Synagoge und zu Lebzeiten eine feste Größe im Musikleben der deutschen Hauptstadt, gehört zu jenen durch die Folgen der NS-Zeit als Komponist verdrängten und vergessenen Persönlichkeiten, deren Schaffen noch einer umfassenden Wiederentdeckung harrt. Seine in dieses Programm integrierte Kantate bezieht sich auf Psalm 115, einen der sogenannten Hallel- Psalmen, die an den drei jüdischen Wallfahrtsfesten Pessach, Schawuot (Wochenfest) und Sukkot (Laubhüttenfest) gesungen wurden.

Inneres Anliegen dieses Konzertes ist die Anerkennung und Achtung fremder Glaubensüberzeugungen. Die Schönheit unterschiedlichster Ausdrucksformen zu hören und zu empfinden, ist ein essentieller Schritt hin zum Verstehen des Fremden. Ohne die klaren Profile der drei Religionen vermischen oder aufheben zu wollen, werden in den Stücken viele Bezüge und Verwandtschaften erlebbar. Dieses Erleben birgt die Chance in sich, dass neue Gemeinsamkeit in geteilter Vertiefung und Öffnung zueinander entstehen kann.

Bei alledem weist die Musik des Programms auf weit vergangene Zeiten zurück, in denen es Phasen eines friedvollen Miteinanders sowie kulturellen Aufschwungs gegeben hat. „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“, sagte der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber. Dieser Gedanke deckt sich ebenso wie die Worte „Wir sind alle Fremde und auf der Durchreise“ des persischen Mystikers Rumi mit der Kernaussage dieses Programms.

 

Ausführende:

Schirin Partowi – Gesang
Murat Cakmaz – Ney
Peter Ehm – Klarinetten
Matthias Kurth – Gitarre
Konstantin Wienstroer – Kontrabass
Fethi Ak – Perkussion

Mitglieder der Kantorei Kaiserswerth
Mitglieder der Jugendkantorei Kaiserswerth
Clementine Jesdinsky – Sopran
Arno Ruus, Klavier

Organisation: Susanne Hiekel und Stefan Irle
Tontechnik: Manuel Lederer

 

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Konzertprogramm One God-Sacred Bridges, 12.6.21

 

Website

https://stolperkonzerte.de/event/one-god-sacred-bridges/